Australien: Melbourne und die Great Ocean Road

Um die Zeit ohne Mietauto und ohne Nanuk zu überbrücken, haben wir uns in einem Airbnb mitten in der Stadt eingemietet. Der Bioinspektionstermin wurde auf Dienstag angesetzt, genau eine Woche, nachdem Nanuk im Melbourner Hafen eingelaufen ist. Wir gehen mit voller Zuversicht auf volles Risiko und mieten die Wohnung bis Dienstags.

Die Tage in Melbourne vergehen schneller als gedacht: “Unser” Schiff besuchen, Sightseeing, Papierkram erledigen, unsere seit Brisbane hinterherreisende Bankkarte abholen, Fotos sortieren und Blog schreiben. Wir haben so einiges zu tun.

  • "Unser" Schiff verlässt den Hafen von Melbourne.

VicRoads

Wir müssen noch einen Besuch beim VicRoads abstatten, dem Strassenverkehrsamt des Bundesstaats Victoria. Einer der Hauptgründe warum wir nach Melbourne verschifft haben, ist nämlich, dass hier der Import vergleichsweise einfach abläuft. Während man in anderen Territorien das Auto nach der Bioinspektion noch dem Strassenverkehrsamt vorführen muss (wobei man möglicherweise natürlich nicht mit dem Auto vom Hafen zum Amt fahren darf, da es noch nicht registriert ist), muss man in Melbourne nur ein Papierli lösen, genannt TAC85. Anschliessend darf man dann gleich losfahren, ohne dass man das Auto vorführen muss.
Und dieses Papierli ist auch noch in allen Territorien von Australien gültig. Hier herrscht in Bezug auf das Strassenverkehrsamt ein extremerer Kantönligeist als in der Schweiz!

Die nette Dame beim VicRoads hat trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch nie etwas vom TAC85 gehört. Mit Hilfe von zwei anderen Angestellten und uns klappt es dann irgendwann und wir haben den Fötzel, der uns berechtigt in Australien zu fahren, in der Hand. Juhuii! Jetzt fehlt nur noch das Auto.

Das Warten

Am Dienstag Morgen checken wir dann aus unserer Unterkunft aus und hocken in einem Cafe. Ohne zu wissen, wo wir die nächste Nacht verbringen und voller Zuversicht, dass dieser wunderschöne Sonnen-Tag die Inspektoren gütig stimmt.
Wir können diese Sonnenstunden nicht wirklich geniessen. Wir sind nervös wie kurz vor einer wichtigen Prüfung. Man weiss, dass man jetzt nichts mehr ändern kann und man einfach etwas Glück haben muss. Rund 50% der Autos bestehen die Inspektion nicht, obwohl sie genauso gut geputzt wurden wie unseres. Die Folgen: Man muss auf einen Putztermin warten, man muss die Kosten der Reinigungsfirma tragen und dann auf einen neuen Inspektionstermin warten und in dieser Zeit ist man natürlich auf eine Unterkunft angewiesen. Kurz gefasst: Es kostet Zeit und Geld.

Bei der Inspektion dürfen wir leider nicht dabei sein. Wir müssen also einfach warten, bis wir Bescheid kriegen. Um uns auf andere Gedanken zu bringen, spazieren wir ziellos durch die Stadt. Wir treffen im Hafen auf das Holzschiff Alma Doeppel, welches momentan restauriert wird. Ein netter alter Herr bietet uns gleich eine Führung an. Diese willkommene Ablenkung nehmen wir dankend an und so erfahren wir die ganze Geschichte des 116 Jahre alten Schiffs und checken nicht mehr alle zwei Minuten die Mails.
Genau als wir die Halle verlassen, erreicht uns das erlösende Email. Unser Auto hat die Inspektion bestanden und ist abholbereit! Wir sind überglücklich und machen uns gleich auf den Weg zum mitgeteilten Übergabeort.

Das Schwesterschiff der Alma.

Die Wiedervereinigung

Da steht er, blitz blank geputzt auf dem Platz einer Werkstatt und wartet auf unsere Umarmung. Oder Anarmung? Auf jeden Fall sind alle happy.
Der Werkstattbesitzer sagt uns, dass die Inspektoren nur aussen schnell kontrolliert haben. Es war aussen so sauber, dass sie sich nicht die Mühe gemacht haben, im Innenraum alles auszuräumen und zu kontrollieren. Das finden wir natürlich super, so müssen wir nichts aufräumen. Es scheint wirklich, als hätten die Inspektoren kein einziges Fach geöffnet. Da hat schon mancher Grenzbeamte unser Auto genauer unter die Lupe genommen.

Wieder vereint!

Doch nach der Freude macht sich die erste Ernüchterung breit. Im Cockpit, wo wir für die Luftzirkulation die Fenster etwas geöffnet hatten, bildete sich Schimmel. Und an diversen Stellen sieht man deutlich, dass es korrodiert hat.

Wir putzen den Schimmel erst mal weg, schmeissen unsere Taschen in unser Wohnzimmer und wollen losfahren. Schliesslich gibt es noch einige Sachen zu erledigen, bevor wir uns in unser lange zurück ersehntes Bett legen können: Wasser füllen, Diesel füllen, Gas füllen, Kühlschrank füllen, …
Auf unserem Weg quer durch Melbourne, um all diese Sachen zu erledigen, macht sich weitere Ernüchterung breit. Die Elektronik spinnt: Der Blinker zeigt ADHS-Anzeichen; der Motor läuft munter weiter, wenn man den Schlüssel entfernt (#Selö #Kühltruhe); und die Batterie-Kontrollanzeige gibt komische Signale, sie ist sich wohl nicht sicher, welche der zwei Batterien nun leer sein soll.

Die erste Nacht

Es ist bereits Abend, als wir an unserem Übernachtungsplatz eintreffen. Hungrig schmeissen wir den Gaskocher an, um uns zu stärken, bevor wir uns unseren Problemen annehmen. Doch nicht mal der Kocher spielt heute mit, zu wenig Leistung um Wasser zum Kochen zu bringen! Heute beschattet uns anscheinend ein extremes Tiefdruckgebiet!
Jetzt kann es nur noch besser kommen. Wir sind so in die Problembehebung vertieft, dass wir nicht mal den wunderschönen Sonnenuntergang geniessen können.
Alle russischen LED’s müssen wieder raus und durch die konventionellen Lämpli ersetzt werden. Und tatsächlich, die Zündung und der Blinker funktionieren wieder wie gewünscht. Und auch den Gasbrenner bringen wir dank eines Ersatz-Druckminderers wieder zum Laufen.
Heizung, Licht und Kühlschrank laufen aber immer noch nicht. Das bedeutet, dass wir kein Licht zum Weiterarbeiten haben und die Nacht im australischen Winter ohne Heizung überstehen müssen. Wenigstens ist das Bett bequem wie immer.

Alles muss wieder eingeräumt werden.

Great Ocean Road

Eine Nacht schlafen und schon sieht die Welt wieder besser aus: Am nächsten Morgen funktioniert wieder alles. Auch beide Batterien sollen noch gesund sein laut Multimeter. Schön. Dann kann es also los gehen!

Die Great Ocean Road führt von Melbourne gen Westen, oftmals direkt dem Ozean entlang und soll eine der schönsten Strassen sein. Uns gefällt vor allem der erste Teil bis Apollo Bay, wo sich die Strasse direkt entlang der Küste schlängelt. Unzählige Aussichtspunkte und Sehenswürdigkeiten laden immer wieder zu kurzen Abstechern und Küstenwanderungen ein.
Wir nehmen es gemütlich und halten an fast jedem Aussichtspunkt an und bewundern die schroffen Küsten und die Wellen, die hier mit voller Kraft auf Australien treffen.

Bei den weltberühmten 12 Aposteln, von denen übrigens nur noch 8 stehen, kommen wir erstmals mit der Flugbegeisterung der Australier in Kontakt. Vom Parkplatz aus werden Rundflüge angeboten. Alle 15 Minuten startet ein Heli, 4 Helis sind im Dauereinsatz und fliegen ihre Runden nonstop und das bei starkem Wind. Die Rundflüge werden von den Australiern immer wieder gerne angepriesen, doch wir bevorzugen definitiv, die Strecken zu Fuss zu bewältigen.

  • Wieder mit unserem Auto unterwegs. Da strahlt nicht nur der Himmel.

Da wir langsamer vorangekommen sind als geplant, fahren wir aufs Wochenende hin wieder zurück nach Melbourne. Via Schnellstrasse sind das ja nur gerade 3h Fahrzeit. Denn am Wochenende fährt die Fähre nach Tasmanien, welche wir noch kurzfristig gebucht haben, als wir gemerkt haben, wie schnell wir wieder zurück in Melbourne sein können.

Am Samstag Morgen gehen wir südlich von Melbourne in Torquay noch surfen. Jonas kam ja in Vladivostok schon in den Genuss einer Surflektion, als er zusammen mit unseren Gastgebern im Nebel surfen ging. Heute versucht auch Melanie ihr Glück. Wettertechnisch hatten wir definitiv kein Glück. Bei Regen- und Graupelschauer kämpfen wir uns durch die Wellen. Umso schöner ist die anschliessende warme Dusche.

Nach 6 Tagen sind wir also wieder zurück in Melbourne und freuen uns darauf, unseren Surf-Muskelkater auf der Fähre nach Tasmanien etwas abklingen zu lassen.

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