Zurück in Russland: Altai

Kasachstan und unser nächstes Reiseziel Mongolei teilen keine Grenze. Dazwischen liegt noch ein kurzes Stück Russland. Beziehungsweise China, aber da wir in China mit unserem Führerausweis nicht Auto fahren dürfen, war China nie ein Thema für uns.
Dieses kurze Stück Russland war für uns anfänglich also eine Durchfahrt, der wir nicht viel Beachtung schenkten. Bei unseren Vorbereitungen realisierten wir dann aber, dass uns hier mehr erwartet: Das Gebirge Altai! 

Unser neuer Indoor-Tisch

In der ersten grossen Stadt, die wir angefahren haben, finden wir sozusagen den Hornbach der Russen. Hier nennt er sich Leroy Merlin. Das Regenwetter der letzten Tage zeigte uns auf, dass ein Tisch im Auto noch praktisch wäre. Bisher haben wir das hohe Regal im Auto als Tisch genutzt, wenn es das Wetter erforderte.
In diesem Hornbach finden wir alles, was wir brauchen: Schubladenschienen, Holz (auf unsere gewünschten Masse zugeschnitten), Schrauben, Schnallen. 
Am Abend müssen wir dann aber feststellen, dass unser Plan mit den gekauften Schubladenschienen nicht funktioniert. Also suchen wir am nächsten Tag einen weiteren Baumarkt auf, der das Material für unseren geänderten Plan bieten kann: Akkuschrauber und Winkel. Wobei der Akkuschrauber für dieses Projekt nicht notwendig gewesen wäre. Aber in weiser Voraussicht (vor der Verschiffung in Vladivostok müssen wir das Auto ganz sauber putzen und dazu unsere gesamte Einrichtung aus- und wieder einbauen) haben wir den Akkuschrauber jetzt schon besorgt.
Der neue Tisch lässt sich sehen! Die Platte ist normalerweise rüttelfest verstaut und kann bei Bedarf an das Regal gehängt werden und als Tisch genutzt werden.

Melanie mit Tisch und Akkuschrauber.

Registrierung

In Gorno-Altaisk wollen wir uns registrieren. In Russland ist es üblich, dass man sich registrieren muss, wenn man länger als 7 Tage an einem Ort ist. Doch “Ort” ist nicht so genau definiert. Die einen reden da von Städten und die anderen von Bezirken.
Die Beamtin weiss nicht so recht, was wir wollen und wir wissen nicht so recht, was sie will. Sie erklärt uns, wir müssten uns nur registrieren, wenn wir länger als eine Woche in dieser Stadt (Gorno-Altaisk) bleiben, was bei uns nicht der Fall ist.
Doch sie wurde gwundrig, weshalb wir ein Business-Visum haben, wenn wir doch offensichtlich umherreisen. Wir erklären, dass das Umherreisen zu unserem Business gehört und entscheiden uns, doch besser zu gehen und das mit der Registrierung zu lassen. Das hat auf jeden Fall beim Ausreisen keine Schwierigkeiten bereitet.

Chutsky Trakt

Der Chutsky Trakt ist eine 1’000 km lange Strasse von Novosibirsk bis an die Grenze zur Mongolei, die früher als Poststrasse diente. Heute ist die Strasse sehr gut ausgebaut, was eine schöne Abwechslung zu den Strassen des letzten Monats in Kasachstan ist.
Wir fahren ab Gorno-Altaisk dem Chutsky Trakt entlang durch abwechslungsreiche und sehr schöne Berg-, Wald- und Flusslandschaften. 
Entlang der Strecke hat es diverse Haltepunkte und Highlights: die Tremola des Altai, Passstrassen, Petroglyphen, Seen, Marslandschaften, …

Der Chutsky Trakt.

Diese Region, besonders im nördlichen Teil des Chutsky Traktes, ist sehr touristisch. Die Sehenswürdigkeiten sind wieder mit braunen Hinweistafeln markiert, die Strasse ist in einem tadellosen Zustand und entlang der Strecke findet man etwa all 200 Meter ein kleines Feriendorf vor. Diese Feriendörfer sind eher Campings mit kleinen Lodges, die ihre typische Bauweise haben. Viele dieser Lodges befinden sich im Aufbau oder werden gerade renoviert. Obwohl es also eine sehr touristische Region ist, sind wir fast die einzigen Touris, die Saison hat hier noch nicht begonnen.

Ein typisches Feriendorf in der Region Altai.

Entlang dieser Strecke gibt es auch wieder vermehrt Polizeikontrollen. Einmal werden auch wir an den Strassenrand gewunken und erstmal auf Russisch vollgequatscht. Wir haben keine Ahnung, was der Polizist von uns will. Die Papiere, die wir ihm hinhalten, will er jedoch nicht sehen. Als der Polizist realisiert, dass wir absolut kein Russisch verstehen, verwirft er nur die Hände und winkt uns wieder zurück auf die Strasse.
Da waren uns die Papp-Polizisten in der Wolga-Region schon sympathischer. 😉 

Melanie mit einem russischen Polizisten.

Erlebnisse russischer Art

Auf einem Pass schlendern wir durch die Marktstände auf der Suche nach Honig. Die Marktfrauen verkaufen alle die gleichen mongolischen Filzerzeugnisse: Socken, Handschuhe, Strümpfe,… Ein Mann bietet allerdings eine braune Masse in Gläsern an. Schon freuen wir uns, dass wir den Honig gefunden haben. Bei näherem Betrachten stellte sich aber heraus, dass es etwas Flüssiges ist. Wir verständigen uns wieder mal mit Handzeichen und kommen zum Schluss, dass es Schnaps sein muss. Schliesslich ist das Gebräu auch in einer Schnapsflasche abgefüllt. Auch gut, wir nehmen die grösste Flasche. Der Bär auf dem Etikett hat es Jonas angetan.
Am Abend stellt sich dann heraus, dass der Bär auf dem Etikett ein Biber ist und dass der Schnaps schrecklich nach Gülle stinkt. Als wir dann zwei Tage später wieder mal Internet haben, gehen wir dem Schnaps auf den Grund. Wir stellen fest, dass es sich gemäss Wikipedia nicht um Schnaps, sondern um Bibergeil handelt.

Am Wochenende pausieren wir an einem kleinen, abgelegenen See, da wir unser Glück beim Fischen versuchen wollen. Scheinbar flüchten alle russischen Männer am Wochenende vor ihren Frauen und gehen gemeinsam fischen und campen. Wir sind also nicht die einzigen Camper am See. Am See haben sich rund 6 Gruppen Männer eingerichtet, die den ganzen Tag auf dem See fischen und am Abend natürlich festen.
Wir probieren natürlich unsere neu gekaufte Fischerrute aus. Zu festen gibt es dann aber nichts, da wir keinen Fisch gefangen haben. 

Jonas beim Fischen.

Big Five von Russland

Nach dem Vorbild der Afrikaner haben wir uns die Big Five von Russland zusammengestellt. Das sind 5 wilde Tiere, die typisch für Sibirien sind: Bär, Elch, Schneeleopard, Wolf, Adler.
An einem Abend beobachten wir völlig überrascht, wie zwei Elche den Fluss, an dem wir übernachten, durchqueren.
Greifvögel sieht man viele in dieser Gegend. Wir können sehen, wie sie im steilen Gelände einen Fuchs jagen. Später staunen wir nicht schlecht, als ein Adler mit mindestens 2 Meter Spannweite vor uns auf dem Weg bei einem toten Fohlen steht und zum Abflug ansetzt. Wir beobachten ihn, wie er durch die Lüfte fliegt. Unglaublich schön!
Zwei von fünf, an den anderen bleiben wir dran. Und sorry, es gibt keine scharfen Fotos, da wir beide Tiere überraschenderweise angetroffen haben.

Katu-Yarik und Teleskopsee

Vom Chutsky-Trakt machen wir einen Abstecher zum 150 km entfernten Teleskopsee. Die Offroad-Strecke führt durch wunderschöne Landschaften und wieder vorbei an gefrorenen Seen.
Von den Katu-Yarik-Serpentinen haben wir gelesen, dass es eine sehr schlechte und gefährliche Strasse ist. Doch von all unseren Offroad-Serpentinenstrassen, die wir bisher gefahren sind, waren die Katu-Yarik-Serpentinen die ungefährlichsten. 
Allerdings kommt man ohne Allrad nicht weit. Vom Hörensagen wissen wir, dass die 2WD’s mit dem Traktor hochgezogen werden.

Der Katu-Yarik-Pass, welcher zum Südufer des Teleskopsees führt.

Im Tal führt die Offroadpiste 60 km immer dem Fluss entlang Richtung Teleskopsee. Wir geniessen die Fahrt durch das fast unbewohnte Tal bei schönstem Wetter. Die Strasse endet am See in einer Sackgasse. Weiter geht es nur mit der Fähre, welche man vorbestellen müsste. 
Weil es keine Leute hat, wählen wir als Übernachtungsplatz den Strand direkt am Teleskopsee.
Am Abend kommt noch eine russische Reisegruppe, die unser Auto bestaunen und es nicht verstehen, dass wir keinen Wodka haben. Doch es ging nicht lange und einer der Reisegruppe holte seinen selbstgebrannten Samogon (wahrscheinlich ein Grappa), den wir dann im grossen Becher probieren durften. 
Wir nehmen denselben Weg wieder zurück, den wir gekommen sind. Auf dem Rückweg treffen wir auf Kerstin und Torben aus Deutschland, die mit dem LKW unterwegs sind. Bei Kaffee tauschen wir uns aus und dürfen noch ihren LKW besichtigen. Das lässt Jonas gleich träumen. 

Weitere Highlights am Chutsky-Trakt

Zurück auf dem Chutsky-Trakt geht es weiter Richtung mongolische Grenze. Auf dieser Strecke halten wir bei einem Geysir-See an. Man sieht im See Gas aufsteigen, das dann aber unter dem Wasserdeckel hängen bleibt. Der Geysir ist also nicht vergleichbar mit den isländischen Geysiren, aber trotzdem sehr schön anzusehen. Die Umgebung ist sehr märchenhaft. Wohl darum haben die Betreiber auch Schnitzereien einer Hexe und von Rotkäppchen aufgestellt.

Der Geysir-See.
Ein Bächlein beim Teleskopsee.

Weiter östlich wandern wir noch in einer marsähnlichen Landschaft. Die Farben Rot, Orange und Gelb dominieren das Gestein.

Der sogenannte Mars 1.
Und der sogenannte Mars 2.

Ein weiteres Highlight sind auch die Treffen mit vielen anderen Reisenden, die ähnlich unterwegs sind wie wir. Im Altai müssen alle der gleichen Strasse entlangfahren. Und je näher wir an die Grenze zur Mongolei kommen, desto häufiger kommen uns Gleichgesinnte entgegen. Neben deutschen Pärchen haben wir auch Schweizer und eine französische Familie in einem Landrover angetroffen. Man hält kurz an der Strasse und tauscht Erfahrungen, Geheimtipps und Kontaktdaten, bevor es wieder weiter geht.

Grenzübergang Mongolei

Da am Sonntag die Grenze geschlossen hat, wollen wir am Samstag Morgen noch in die Mongolei einreisen. Am Freitag machen wir daher einen gemütlichen Tag im letzten Dorf vor der Grenzzone, in der man nicht campieren darf, um am Samstag fit zu sein. Man weiss ja nie, wie die Überfahrt ins nächste Land abläuft, vielleicht werden unsere Nerven wieder während unmenschlichen Wartezeiten strapaziert. 
Am Samstag Morgen treffen wir wiedermal auf Schweizer. Steffi und Christoph kommen gerade aus der Mongolei und wir tauschen uns noch aus. Sie sagen uns, dass an der Grenze nichts los ist. Wir freuen uns, dass wir nicht lange warten müssen. 
45 Minuten später stehen wir am russischen Grenzposten und niemand steht an. Doch warum ist das Tor zu? 🤔
Wir finden heraus, dass ein lokaler Feiertag (Kinder- und Muttertag) ist. Jetzt wissen wir auch, warum nichts los ist. 😁
Weil man hier nicht campieren darf, müssen wir wieder 50 km zurückfahren und bis Montag warten, bis wir endlich in die Mongolei einreisen können.

Der verschlossene Grenzübergang zur Mongolei.