Russland: Wladiwostok – wie man während zehn (10) Tagen ein (1) Auto putzt

Geil! Eine Stadt in die Hügel gebaut. Zwischen den Häusern und Hochhäuser sind überall Bäume. Oder sind eher die Häuser zwischen den Bäumen? Egal. Es ist auf jeden Fall die grünste Stadt, die wir jemals gesehen haben.
Nach der Ankunft gehen wir gleich auf die Suche nach einer Garage, in der wir das Auto für die Verschiffung nach Australien putzen können. Die Quarantänekontrolle in Melbourne ist ziemlich streng und lässt nur Autos rein, die sauber geputzt sind und “clean means clean as new”.
Im Internet haben wir zwei Garagen gefunden, bei denen schon andere Reisende geputzt haben. Bei der ersten ist der Manager leider nicht im Haus und wir müssen es am nächsten Tag nochmals versuchen. Da es schon spät ist, entscheiden wir, dass wir uns ein Platz zum Übernachten suchen und am nächsten Morgen mit dem Manager sprechen wollen. Wir finden mitten in Wladiwostok ein Hügel, auf den man nur auf ziemlich üblen Offroadpisten kommt. Schöner Platz mit super Aussicht bis zum Meer! Bis es dunkel wird fahren noch Jungs mit ihren Motocross-Töffs auf dem Hügel herum, der sich als Motocross-Spielplatz entpuppt.

10 kleine Jägermeister möchten das Auto putzen,
doch wir merken schnell, einer tut nichts nutzen.

Am nächsten Morgen fahren wir wieder zur Garage vom Vortag und finden diesmal den Manager vor. Er sagt uns dann, das es nicht möglich sei, weil sie genau nächste Woche das Wasser abschalten, um ein Leck zu reparieren und weil wir uns eine 10-tägige Miete der Garage eh nicht leisten können. Den Preis kann er uns allerdings auch nicht nennen. Den Zeitpunkt der Reparatur ebenfalls nicht. Und sowieso: Was wir denn während 10 Tagen an EINEM Auto putzen wollen?!
Die, die das letzte Mal hier waren, haben wohl nicht den besten Eindruck hinterlassen.
Bei der zweiten Garage, die wir empfohlen bekommen haben, wissen wir, dass es möglich ist, das Auto während 10 Tagen zu putzen. Wir wissen aber auch, dass wir unser Auto jeden Abend wieder aus der Garage fahren müssen und es auch nicht auf dem Gelände parkieren können. Daher entscheiden wir, noch ein bisschen im Auto-Viertel herum zu fahren und zu schauen, ob wir eventuell per Zufall noch eine andere Garage finden.

Der erste angesprochene Automech ist sehr freundlich und bringt uns hinter seine Garage, wo eine Waschanlage ist. Doch hier ist der Chef wieder nicht da, wir sollen nach dem Mittag wieder kommen. Das passt uns auch, denn so haben wir noch Zeit, in den Leroy Merlin (Hornbach) zu gehen und uns für die Putzerei auszustatten. Wir kaufen Putzmittel, Lumpen, Eimer, Bürsten, Schwämme, Handschuhe, Farbe, Kitt, … sodass wir ghörig putzen können.

Zurück bei der Waschanlage ist der Chef auch da und er ist so begeistert von unserer Tour und vom Auto, dass er uns selbstverständlich einen Autolift (er hat nur zwei) zur Verfügung stellt. Natürlich inklusive Hochdruckreiniger, Shampoo-Anlage und allem drumherum. Zudem können wir auch ein leeres Büro benutzen, um unser Material und die Einrichtung zwischen zu lagern.
Da haben wir nur noch eine Frage offen. Unser Airbnb können wir erst in 4 Tagen beziehen. Ob es wohl möglich wäre, dass wir bis dahin auf dem Platz vor der Garage im Auto übernachten?
Die Antwort: Nein, sicher nicht! Wir sollen kurz warten, er müsse etwas abklären. Das Resultat: Zwei Minuten später sind wir bei den Nachbarn Alina und Nazar einquartiert, die noch drei freie Zimmer haben. Das Ganze ist natürlich gratis. Mit Letzterem sind wir nicht ganz einverstanden aber das können wir am Schluss noch klären.
Phuu… Jetzt erstmal Pause und die ganze Freundlichkeit verdauen.

Nachdem wir allen das Auto gezeigt haben, wollen wir keine Zeit verlieren und fangen gleich an, das Auto auszuräumen. Um 19.00 Uhr ist Feierabend, die Garage wird geschlossen. Daher machen auch wir Feierabend und lassen das Auto in der Garagenbox zurück.
Als wir dann Znacht kochen wollen, merken wir, dass unsere Kühlbox im Auto und somit in der Waschanlage eingeschlossen ist. Gibt es halt Teigwaren mit Gewürz und Öl. Ein gebührende Krönung für den ansonsten erfolgreichen Tag.

Alle Teile werden beschriftet, damit wir das Auto auch wieder zusammensetzen können.
Unser Hab und Gut im Zwischenlager.

9 kleine Jägermeister malen gerne grau,
einer hätte lieber blau, darum sagen wir ihm tschau!

Heute wird von 09:00 bis 19:00 Uhr geputzt und vor allem aus- und abgebaut. Die komplette Einrichtung kommt raus. Bis auf den Fahrersitz und die Kühlbox ist das Auto jetzt komplett leer. Zudem machen wir noch einen Ölwechsel.
Den Nachmittag hat Jonas mit dem Hochdruckreiniger verbracht und Melanie malt unsere Einrichtung neu. Bei unserem Ausbau hatten wir bisher nur die sichtbaren Holzflächen gestrichen. Da wir nun sowieso alle Teile aus dem Auto nehmen müssen und die Australier nicht so gerne Holz im Auto sehen (Baumwanze!), nutzen wir die Chance und streichen nun komplett alle Holzflächen unseres Ausbaus (sorry Papi/Seppi).
Zum Zacht macht uns unsere Gastgeberin Alina frische Muscheln, die sie selber aus dem Meer getaucht hat. Mmmmmh… War super lecker!

Das Auto ist ausgeräumt, übrig bleibt ein Kabelsalat und Dreck.
Melanie beim Schwarzmalen.

8 kleine Jägermeister haben’s gerne nass,
aber Hochdruck ist für den einen doch etwas zu krass.

Der dritte Tag gehört ganz dem Hochdruckreiniger. Alles wird gespült und gewaschen und immer wieder montieren wir Teile ab, die dann wieder Dreck hervorzaubern. Unglaublich, was sich da alles ansammelt unter dem Auto.

Kurze Rückblende, um uns daran zu erinnern, woher der Dreck stammen könnte. Kurz bevor das Foto entstand, steckten wir noch tief im Schlamm.

Glücklicherweise haben sie auch ein Rohrreinigungsschlauch, mit dem wir in den Rahmen und an die von Hand unerreichbaren Stellen kommen. Melanie malt den ganzen Tag, bis sie keine Farbe mehr hat.
Immer wieder kommen Kollegen von den Mitarbeitern vorbei und wollen das Auto sehen. Ebenso zeigen sie dann auch Fotos von ihren Autos und Motorrädern. In den ersten paar Tagen begrüssen wir jeweils während mindestens 1 Stunde pro Tag Freunde und plaudern etwas. Effizientes Putzen haben wir uns anders vorgestellt.

Auch Jonas hat’s gerne nass.

7 kleine Jägermeister putzen den Motor mit Schaum,
am Abend ist einer verschollen im verwinkelten Motorenraum.

Heute ist perfektes Putzwetter. Der Nebel hängt tief und es regnet. Unser Dachgeschoss und der Motorraum sind an der Reihe. Alles wird von Hand geputzt und dann noch von den anderen zwei Händen nachgeputzt. Pinzette und Lumpen sind unsere besten Freunde.
Unter den Sitzen ist es dann ganz übel. Im Batteriekasten und dem Sicherungskasten steht der Dreck. Wie kommt das nur alles hier rein? Nach dem Putzen wird gleich mal die Kittpresse angesetzt und abgedichtet.
Am Abend sind wir fix und foxi und haben keine Lust, etwas zu kochen. Wir gehen in ein usbekisches Restaurant und lassen uns verköstigen.

Nie ohne Seife waschen!

6 kleine Jägermeister putzen fleissig Armaturen,
am Abend fällt einer zum Opfer dieser üblen Prozeduren.

Nach dem Einbau der Batterien machen wir uns an die Armaturen. Wir probieren, alles zu demontieren. Das geben wir dann aber irgendwann auf und putzen, so gut es geht, von aussen mithilfe von Schraubenzieher, Lumpen und der Pinzette. Das Armaturenbrett und alle sonstigen Winkel und Teile im Cockpit stellen sich als sehr mühsam heraus. Spätestens hier wissen wir, dass wir das bestimmt nie mehr machen!
Am Abend backen wir einen Zopf mit dem Mehl, das wir seit Zuhause mit uns umher fahren. Die Herausforderung bestand dann darin, den Zopf in einem Gasofen mit Oberhitze zu backen. Nach drei Stunden im Ofen war dann der Zopf endlich fertig und wir ebenfalls.

Symbolbild der staubigen Armatur.

5 kleine Jägermeister haben Räder abmontiert,
beim Montieren nicht aufgepasst, da waren sie noch zu viert.

Die Sitze sind geputzt und wieder eingebaut. Die Räder abmontiert, gewaschen und wieder montiert. Und die Radkästen von Hand gereinigt (hoppla, hab wohl nur die Hälfte des Drecks erwischt mit dem Hochdruckreiniger). Die Türen inklusive Verschalung und Dichtungen sind geputzt und auch der gesamten Laderaum glänzt nun (abgesehen von den abgenutzten Stellen). Heute können wir einiges unserer ToDo-Liste abstreichen.
Am Mittag haben wir zudem für alle Pizza bestellt. Von den 6 bestellten Pizzas sind 3 übrig geblieben. Weil die hier viel die dickeren Böden machen, isst jeder nur eine halbe Pizza. Logisch.

Kleine Reparaturarbeiten

4 kleine Jägermeister haben gerne Rum,
einer probiert noch Wodka, das ist ziemlich dumm.

Zuerst werden alle Löcher gekittet, in der Hoffnung dass das Auto nun etwas dichter ist, und dann wird endlich wieder eingebaut! Stück für Stück tragen wir ins Auto und setzen unseren Ausbau wieder zusammen.

Die Möbel werden wieder zusammengesetzt.

Am Nachmittag machen wir Feierabend, weil Geni (der Chef unserer Garage) ein Barbecue organisiert hat. Die Frauen und Kinder der Mitarbeiter sind auch gekommen und haben ein riesiges Buffet angerichtet mit Kaviar, Kartoffeln, Fleisch, Salaten, Fleisch, Früchten, … und Fleisch natürlich. Es war so viel, dass wir dachten, da kommen noch mehr Leute zum Essen. Schlussendlich haben wir etwa 1/4 des Buffets gegessen. Natürlich gab es auch alle 10 Minuten wieder Schnaps für Jonas.

Nach dem Essen haben wir spontan entschieden, noch eine Rundtour durch Wladiwostok zu machen. So sind wir zum ersten Mal richtig in die Stadt gefahren. Nachdem wir die riesige Brücke von allen Seiten gesehen haben, fahren wir noch nach Russky Island zum Universitäts-Campus. Dieser Campus ist so gross, dass es fast alleine eine Stadt ist.

Nächtliche Stadtbesichtigung mit Tankstopp.

3 kleine Jägermeister bauen wieder ein,
einer kann nicht helfen, denn er ist zu klein.

Pünktlich um 9:00 Uhr stehen wir wieder auf der Matte. Allem Anschein nach haben nicht alle den Schnaps so gut vertragen wie Jonas. Dimar ist heute viel ruhiger als sonst und der Chef kommt erst nach dem Mittag in die Garage. 😁 
Wir hingegen kommen heute gut voran. Am Abend ist tatsächlich der komplette Ausbau wieder im Auto. Einige Schrauben sind zwar übrig geblieben, aber der Ausbau macht trotzdem einen stabilen Eindruck. Zudem haben wir die Küche noch so abgeändert, dass wir auch im Auto kochen können.
Während dem ganzen Tag lief die Waschmaschine und die Vorhänge, Bezüge, Seile und Teppiche sind nun gewaschen und versuchen in der feuchten Wladiwostoker Luft zu trocknen.
Wir kommen sogar noch dazu, unsere Camping-Utensilien zu putzen. Dabei sind wir froh, können wir in unserem Büro sitzen und gemütlich die Teile von Hand putzen. Denn draussen zieht ein Ausläufer des Japan-Taifuns vorbei und beschert uns Regen.

Warum haben wir nur so viele verschiedene Schrauben verbaut?!

2 kleine Jägermeister haben’s gerne sauber,
doch einem verleidet langsam dieser ganze Zauber.

Wir räumen alles wieder ein, was wir im nächsten Monat (voraussichtlich) nicht brauchen und waschen noch den Schlafsack und die Schaffelle. Die Vorhänge sind auch wieder montiert und das Bett liegt wieder im Auto. Jetzt gehen wir mit Lumpen bewaffnet an die Karosserie. So langsam haben wir den Lumpen gesehen. Aber wir sehen jetzt das Ende. 
Am Abend kochen wir Bolognese für unsere Gastgeber Alina und Nazar.

Es ist wieder alles zusammengesetzt und bereits fast alles eingeräumt.

Unser kleiner Jägermeister ist nicht gern allein,
drum lädt er zum Weihnachtsfest neun neue Meister ein 😉

Nach dem Fensterputzen begeben wir uns unters Auto, um den Finish von Hand zu machen. Die Motivation ist nun bei etwa 5% angelangt und wir geben uns schneller zufrieden als auch schon. Aber schliesslich ist ja schon alles gut mit dem Hochdruckreiniger geputzt worden. Nach zwei Stunden geben wir uns zufrieden und decken das Auto mit Plastik ab.
Wir verschenken noch alles, was wir nicht mehr brauchen (oder nicht putzen wollen) und machen Feierabend.

Endreinigung
Das Auto steril verpackt.

Am Abend gehen wir mit Alina und Nazar zum Surfcamp. Jonas mietet sich einen Anzug und ein Surfbrett. Bevor bei Nebel ins Meer gestochen wird, gibt es von Alina noch einen Surf-Crashkurs an Land. Jonas surft, oder probieren es zumindest, bis es so dunkel ist, dass man nichts mehr sehen kann. Er behauptet, dass er mind. 3 Wellen gestanden ist. Melanie kann das leider nicht bestätigen, denn es war so neblig, dass sie die drei vom Ufer aus nicht sehen konnte.
Das war ein ganz cooler Abend, bei dem wir das ganze Putzen vergessen konnten und wir werden das Surfen sicherlich in Australien nochmals ausprobieren.

Wir müssen unser Haus abgeben

Am Morgen laden wir noch letzte Sachen ein und Jonas wechselt noch alle Lämpli auf Licht ausstrahlende Dioden. Die sind hier so spotbillig, dass er sich nicht zurückhalten konnte. 😁
Um 13:00 Uhr haben wir mit Yuri, unserem Agenten, abgemacht. Wir kenn inzwischen die russische Mentalität und rechnen nicht vor 13:30 Uhr mit ihm. Kurz nach halb zwei schreibt Yuri, dass er uns nicht findet, obwohl wir ihm Adresse, Koordinaten und Googlelinks geschickt haben.
Als wir uns dann endlich finden, steht er mit einem Nissan-schiessmichtot-Büssli da und meint, wir sollen ihm bis zur Waschanlage folgen. Eigentlich war abgemacht, dass wir nicht mehr fahren, weil wir ja alles geputzt haben. Daher hatten wir ihn gebeten, uns direkt mit dem Lastwagen abzuholen und das Auto bei unserer Garage auf den Lastwagen zu laden. Scheinbar liest er die E-Mails nicht so genau.
Nach 15 Minuten ist dann alles geklärt und der Lastwagen fährt zu. Er meint noch, dass wir die Ersten sind, die nicht mit dem Auto selber zur Waschanlage fahren und noch nie jemand so sauber geputzt hat wie wir. Na, dann hoffen wir, dass das die Australier auch so sehen.
Wir fahren dann zusammen mit Yuri hinter dem Lastwägeli, auf dem unser Auto aufgeladen ist, direkt zum Container auf einem Logistikareal. Jonas parkiert das Auto in Millimeter-Präzisionsarbeit im Container, in der Höhe hatten wir nur wenige Millimeter übrig.
Dann hängen wir die Batterien ab, öffnen zwei Fenster einen Spalt breit und machen das Auto im Container fest. Container zu, Plombe montiert und tschüss. Gute Reise Nanuk. 😢

  • Letzter Motorenstart in Russland.

Die restlichen Tage verbringen wir mit Stadtbesichtigungen, Papierkram erledigen und Blog schreiben.

Wir bezahlen allen, was sie annehmen und schenken ihnen noch Sackmesser, welche sie mit grosser Freude entgegen nehmen. Es ist schade, dass die Zeit hier schon vorbei ist. Wir haben in den zwei Wochen hier tolle, neue Freunde gefunden, die wir hoffentlich wieder einmal treffen.

Die Krown-Crew vor “unserer” Garagenbox: Geni der Chef, Dimar der Profi, Anastasia die Büroristin.

Zum Abschluss gibt es nochmals ein Barbecue. Diesmal leiden nicht nur die Mitarbeiter am nächsten Morgen, auch Jonas hat zu kämpfen. Der Chef kommt auch nicht genug früh aus den Federn und fährt uns etwas verspätet an den Flughafen, zum Glück haben wir genügend Zeit eingerechnet. Etwas wehmütig nehmen wir Abschied von Russland und fliegen nach Tokyo, wo uns eine neue Kultur erwartet.

Russland: Von der Mongolei bis nach Wladiwostok

Vor uns steht eine happige Etappe. Wir fahren in etwas mehr als zwei Wochen von Ulan Bator via Baikalsee, wo wir einige Tage Pause machen, bis nach Wladiwostok. Nach dem Baikalsee gibt es nicht mehr viel zu sehen abgesehen von unendlichen Wäldern und Sümpfen, weshalb wir für diesen Teil unserer Reise etwas weniger Zeit eingeplant haben.

Naadam-Vorfest im Norden der Mongolei

Von UB aus fahren wir in den Norden, um den internationalen Grenzposten von der Mongolei nach Russland zu überqueren. Auf den Weg dahin sehen wir bei einem Stop in einem Dorf einen etwa 10-jährigen Jungen auf einem Pferd, der eine Nummer auf dem Rücken trägt. Das muss bedeuten, dass hier ein Fest stattfindet!
Wir machen uns auf die Suche und finden etwas ausserhalb des Dorfs das Festgelände. Wir treffen auf Amerikaner, die bei einem Hilfswerk arbeiten. Sie erklären uns, dass es ein Vorfest des Naadam-Festes ist. Cool! Das Naadam-Fest findet in zwei Wochen an den Nationalfeiertagen der Mongolen statt. Dann werden die Nomaden-Wettkämpfe ausgetragen: Ringen, Bogenschiessen und Reiten.
Bei diesem Vorfest sei gerade die letzte Reit-Disziplin am laufen, erzählen uns die Amerikaner. Die Kinder sind vor 20 Minuten mit den Pferden in Richtung Berge gestartet und in 10 Minuten sollten sie zurück kommen. Der Erste, der zurück ist, gewinnt.
Wir schlendern durch das Chilbi-Gelände und machen Fotos von den Leuten, die fast alle auf Pferden unterwegs sind. Dann ist es soweit, alle stehen an den Zaun und schauen Richtung Berge. Weit entfernt sieht man eine Staubwolke, die immer näher kommt. Schliesslich kommen die ersten drei Reiter nebeneinander daher geritten und treiben die Pferde an, so fest sie können. Es gibt einen Fotofinish, was wir erstaunlich finden, da die Kids jetzt eine halbe Stunde unterwegs waren. Schlussendlich sind die 30 Jungs alle im Ziel und die Zuschauer rennen zu ihnen um zu feiern.

Die jungen Reiter beim Crosscountry-Wettkampf in der Mongolei.

Darüber könnten wir Bücher schreiben: Grenzübertritte

20 km vor der Grenze Mongolei-Russland übernachten wir, um am Morgen bei Zeiten beim Zoll zu stehen. Am Morgen schauen wir auf der Webcam, die wir im Netz gefunden haben, wie die Lage vor dem Zoll aussieht. Es scheint niemand anzustehen. Also machen wir uns auf den Weg. An der Tankstelle drücken wir dem Tankwart unsere restlichen Turglik in die Hand und lassen uns den Tank füllen. 
Niemand fährt vorbei, also müssten wir immer noch die Ersten sein. Am Zoll angekommen, stehen da aber schon drei Reisebusse und fünf Autos. Hmm… Nach kurzem Herumschauen merken wir, dass die Webcam wohl auf der russischen Seite steht. Tja, dann müssen wir halt anstehen. 
Dabei kommen wir in den Genuss des mongolischen Anstehverhaltens. Reissverschluss kennen die Mongolen nicht. Es wird gedrängelt und gedrückt, was nur möglich ist. Es können acht Fahrzeuge miteinander ins Gelände einfahren. Drinnen angekommen, rennen alle aus den Autos zur Passkontrolle, um dann eventuell jemanden zu überholen. So kommt es, dass wir als viertes Auto rein fahren und als wir die Passkontrolle hinter uns hatten, unser Auto ganz alleine da steht, weil alle schon weiter sind und uns auf dem Zollgelände überholt haben. 😂
Beim russischen Zoll können drei Autos pro Spur ins Gelände fahren. Auch hier gilt dann “de Schneller esch de Gschwender”. Wir fahren zwar als erstes in das russische Zollgelände, sind dann aber die Letzten, die ins Kontrollhäuschen zur Passkontrolle kommen, da die Mongolen parkieren und sofort ins Häuschen rennen.
Drinnen merkt man aber gleich, dass die Mongolen den Russen so richtig auf den Sack gehen. Auf dem Pult der Grenzbeamtin haben alle schon ihre Papiere deponiert, so dass es voll mit Pässen und Autoausfuhr-Zetteln ist. Zum Glück sehen unsere Pässe anders aus, so kann Jonas sie im Auge behalten. Sehr amüsiert verfolgt er das Geschehen. Und unsere Pässe, die als letztes auf dem Pult gelandet sind, werden als erstes kontrolliert und abgestempelt. 
Nachdem unsere Papiere kontrolliert sind, ist das Auto an der Reihe. Die Autokontrolle wird mit einer Bodykamera festgehalten. Eigentlich wollen sie einfach wissen, was für Medikamente wir dabei haben. Wir zeigen unsere Liste (auf Deutsch), zeigen auf Kopf und Bauch und dann ist die Kontrolle bereits beendet und wir sind wieder in Russland. Später erfahren wir, dass der Medikamentenschmuggel sehr floriert und sie darum die Mongolen sehr streng kontrollieren. 

So läuft das an der Grenze (Symbolbild, Schwarzl).

Pause am Baikalsee

In Ulan Ude auf dem Taiga Pitch, ein kleiner Camping, treffen wir wieder auf Kerstin und Torben, welche wir im russischen Altai kennengelernt haben. Gerade als wir Kaffee trinken wollen, kommt ein Gewitter und wir verschieben die Kaffeerunde in den schützenden LKW der beiden. Es regnet wie aus Kübeln! Als dann noch die Sonnenstore einknickt, müssen wir doch nochmals nach draussen ins inzwischen knöcheltiefe Wasser.

Am nächsten Tag wollen wir uns mit Lukas treffen, der gerade mit Gästen am Baikalsee unterwegs ist. Lukas ist ursprünglich aus Malters und ist nach Ulan Ude ausgewandert. Nun bietet er Touren in Sibirien und um den Baikalsee an. Dabei ist er mit einem LKW unterwegs, der vier Personen Platz bietet. Falls ihr damit liebäugelt, mal nach Sibirien in die Ferien zu gehen, auf www.pajechali-reisen.ch findet ihr mehr Infos zu den Touren von Lukas.
Pajechali – auf geht’s – Richtung Baikalsee nachdem uns Lukas seine Koordinaten für die nächste Übernachtung durchgegeben hat. Die Strassen hier am Baikalsee sind gut und dank den dichten Wäldern links und rechts der Strassen kommt Sibirien-Stimmung auf. Ein schöner Kontrast zu den kargen Landschaften in der Mongolei, die wir im letzten Monat durchquert haben.
Am vereinbarten Ort angekommen, können wir es fast nicht glauben: Schönster Sandstrand mit dem Blick auf den Baikalsee, der so gross ist, dass man sich am Meer wähnen kann. Wir springen natürlich direkt in das kühle Nass, das sibirische Wetter ist nämlich richtig heiss. 
Etwas später kommen auch Kerstin und Torben an. Es gibt dann einen wunderschönen Abend mit tollen Leuten und guten, lustigen Gesprächen.

Unser “Campingplatz” direkt am Strand des Baikalsees.
Eine wunderbare Abendstimmung am Baikalsee.

Am nächsten Morgen können wir eine Baikalrobbe beobachten, wie sie in der Morgensonne versucht, etwas Wärme zu tanken. Es ist sehr selten, dass man die Süsswasserrobbe so nahe am Ufer beobachten kann.
Währenddem wir mit Kerstin und Torben ausgiebig brunchen, inklusive leckerem Omelett und Rösti, verabschieden wir uns noch von Lukas und seinen Gästen, die weiter Richtung Süden fahren. Gegen Mittag verabschieden wir uns dann auch von Kerstin und Torben, weil sich unsere Wege jetzt trennen. Sie werden nach dem Aufenthalt am Baikalsee zurück Richtung Westen fahren, während es uns ja Richtung Osten weiter treibt.
Wir verbringen noch zwei weitere Nächte am Baikalsee, um noch ein bisschen Energie zu tanken für die Fahrt nach Wladiwostok.

Die Baikalrobbe machts uns vor: Sie entspannt am Baikalsee.
Und hier entspannen wir am Baikalsee.

Ab durch Sibirien

Von Ulan Ude nach Wladiwostok sind es etwa 3500 km auf dem Sibirischen Highway. Die Strasse ist in erstaunlich gutem Zustand, nicht wenig fahren wir auf neu asphaltierter Strasse. Eine richtige Wohltat nach Kasachstan und dem zweiten Teil der Mongolei.
Die Landschaft ist immer etwa gleich: Hügelig, Birken- und Fichtenwälder, durchzogen von Flüssen und Seen. Also Grau, Grün und Blau. Sehr schöne Landschaften, aber uns zieht es Richtung Wladiwostok, weshalb wir während 10 Tagen täglich viele Kilometer abspulen.

Ein Wahrzeichen an der Strasse zwischen Moskau und Wladiwostok.

Wir haben beide lieber etwas kühlere Temperaturen, weshalb unsere bisherige Route immer eher nördlich verlief. Wir haben nicht viele Reisende getroffen, die ebenfalls über das Baltikum nach Russland bzw. in die Mongolei gereist sind, viele sind via Türkei gereist.
So freuten wir uns nach den heissen Tagen in der Mongolei und am Baikalsee auf kühle Temperaturen in Sibirien. Denn das weiss doch jedermann: Sibirien = kalt! Aber nein, das ist falsch! Was haben wir geschwitzt bei den durchgehend mindestens 33° im Schatten! Nachdem wir das Auto mit Klimaanlage an unserem jeweiligen Übernachtungsplatz abgestellt haben, liegen wir wie tote Fliegen im Schatten.
Apropos Fliegen: Was das Ganze auch nicht besser macht, sind all die fliegenden Viecher, die bei jedem Halt um uns fliegen und uns zwingen, die Abende im Auto zu verbringen: Fliegen, Eintagsfliegen, Bremsen, Bienen, Bienen-Fliegen, Schmetterlinge, und Mücken, Mücken, Mücken, … Den Jonas haben sie besonders gerne. Er hat innert vier Tagen bestimmt 50 Stiche am ganzen Körper verteilt.

So sehen wir die Mücken am liebsten…
… und so die Schmetterlinge.

Abgesehen davon haben wir die Zeit in Sibirien sehr genossen. Schaut euch nur diese Landschaften an!

  • Ein schöner Übernachtungsplatz in Sibirien.

Doch nicht nur die Natur wird uns in guter Erinnerung bleiben, sondern auch die Freundlichkeit der Russen.
Als wir mal an einem kleinen See einen schönen Übernachtungsplatz gefunden haben, war da auch noch eine Familie, die am See fischte und picknickte. Wir haben etwas mit ihnen gesprochen und zwei Sackmesser verschenkt. Sie hatten sehr Freude und bedankten sich und fuhren dann nach Hause.
Eine Stunde nachdem sie gegangen sind, kommen sie allerdings wieder zurück, diesmal haben sie den Opa noch dabei. Der Herr ist Fotograf und schenkte uns zwei gerahmte Bilder, die er selbst geschossen hat.

Unsere neue Wohnzimmer-Dekoration.

Zurück in Russland: Altai

Kasachstan und unser nächstes Reiseziel Mongolei teilen keine Grenze. Dazwischen liegt noch ein kurzes Stück Russland. Beziehungsweise China, aber da wir in China mit unserem Führerausweis nicht Auto fahren dürfen, war China nie ein Thema für uns.
Dieses kurze Stück Russland war für uns anfänglich also eine Durchfahrt, der wir nicht viel Beachtung schenkten. Bei unseren Vorbereitungen realisierten wir dann aber, dass uns hier mehr erwartet: Das Gebirge Altai! 

Unser neuer Indoor-Tisch

In der ersten grossen Stadt, die wir angefahren haben, finden wir sozusagen den Hornbach der Russen. Hier nennt er sich Leroy Merlin. Das Regenwetter der letzten Tage zeigte uns auf, dass ein Tisch im Auto noch praktisch wäre. Bisher haben wir das hohe Regal im Auto als Tisch genutzt, wenn es das Wetter erforderte.
In diesem Hornbach finden wir alles, was wir brauchen: Schubladenschienen, Holz (auf unsere gewünschten Masse zugeschnitten), Schrauben, Schnallen. 
Am Abend müssen wir dann aber feststellen, dass unser Plan mit den gekauften Schubladenschienen nicht funktioniert. Also suchen wir am nächsten Tag einen weiteren Baumarkt auf, der das Material für unseren geänderten Plan bieten kann: Akkuschrauber und Winkel. Wobei der Akkuschrauber für dieses Projekt nicht notwendig gewesen wäre. Aber in weiser Voraussicht (vor der Verschiffung in Vladivostok müssen wir das Auto ganz sauber putzen und dazu unsere gesamte Einrichtung aus- und wieder einbauen) haben wir den Akkuschrauber jetzt schon besorgt.
Der neue Tisch lässt sich sehen! Die Platte ist normalerweise rüttelfest verstaut und kann bei Bedarf an das Regal gehängt werden und als Tisch genutzt werden.

Melanie mit Tisch und Akkuschrauber.

Registrierung

In Gorno-Altaisk wollen wir uns registrieren. In Russland ist es üblich, dass man sich registrieren muss, wenn man länger als 7 Tage an einem Ort ist. Doch “Ort” ist nicht so genau definiert. Die einen reden da von Städten und die anderen von Bezirken.
Die Beamtin weiss nicht so recht, was wir wollen und wir wissen nicht so recht, was sie will. Sie erklärt uns, wir müssten uns nur registrieren, wenn wir länger als eine Woche in dieser Stadt (Gorno-Altaisk) bleiben, was bei uns nicht der Fall ist.
Doch sie wurde gwundrig, weshalb wir ein Business-Visum haben, wenn wir doch offensichtlich umherreisen. Wir erklären, dass das Umherreisen zu unserem Business gehört und entscheiden uns, doch besser zu gehen und das mit der Registrierung zu lassen. Das hat auf jeden Fall beim Ausreisen keine Schwierigkeiten bereitet.

Chutsky Trakt

Der Chutsky Trakt ist eine 1’000 km lange Strasse von Novosibirsk bis an die Grenze zur Mongolei, die früher als Poststrasse diente. Heute ist die Strasse sehr gut ausgebaut, was eine schöne Abwechslung zu den Strassen des letzten Monats in Kasachstan ist.
Wir fahren ab Gorno-Altaisk dem Chutsky Trakt entlang durch abwechslungsreiche und sehr schöne Berg-, Wald- und Flusslandschaften. 
Entlang der Strecke hat es diverse Haltepunkte und Highlights: die Tremola des Altai, Passstrassen, Petroglyphen, Seen, Marslandschaften, …

Der Chutsky Trakt.

Diese Region, besonders im nördlichen Teil des Chutsky Traktes, ist sehr touristisch. Die Sehenswürdigkeiten sind wieder mit braunen Hinweistafeln markiert, die Strasse ist in einem tadellosen Zustand und entlang der Strecke findet man etwa all 200 Meter ein kleines Feriendorf vor. Diese Feriendörfer sind eher Campings mit kleinen Lodges, die ihre typische Bauweise haben. Viele dieser Lodges befinden sich im Aufbau oder werden gerade renoviert. Obwohl es also eine sehr touristische Region ist, sind wir fast die einzigen Touris, die Saison hat hier noch nicht begonnen.

Ein typisches Feriendorf in der Region Altai.

Entlang dieser Strecke gibt es auch wieder vermehrt Polizeikontrollen. Einmal werden auch wir an den Strassenrand gewunken und erstmal auf Russisch vollgequatscht. Wir haben keine Ahnung, was der Polizist von uns will. Die Papiere, die wir ihm hinhalten, will er jedoch nicht sehen. Als der Polizist realisiert, dass wir absolut kein Russisch verstehen, verwirft er nur die Hände und winkt uns wieder zurück auf die Strasse.
Da waren uns die Papp-Polizisten in der Wolga-Region schon sympathischer. 😉 

Melanie mit einem russischen Polizisten.

Erlebnisse russischer Art

Auf einem Pass schlendern wir durch die Marktstände auf der Suche nach Honig. Die Marktfrauen verkaufen alle die gleichen mongolischen Filzerzeugnisse: Socken, Handschuhe, Strümpfe,… Ein Mann bietet allerdings eine braune Masse in Gläsern an. Schon freuen wir uns, dass wir den Honig gefunden haben. Bei näherem Betrachten stellte sich aber heraus, dass es etwas Flüssiges ist. Wir verständigen uns wieder mal mit Handzeichen und kommen zum Schluss, dass es Schnaps sein muss. Schliesslich ist das Gebräu auch in einer Schnapsflasche abgefüllt. Auch gut, wir nehmen die grösste Flasche. Der Bär auf dem Etikett hat es Jonas angetan.
Am Abend stellt sich dann heraus, dass der Bär auf dem Etikett ein Biber ist und dass der Schnaps schrecklich nach Gülle stinkt. Als wir dann zwei Tage später wieder mal Internet haben, gehen wir dem Schnaps auf den Grund. Wir stellen fest, dass es sich gemäss Wikipedia nicht um Schnaps, sondern um Bibergeil handelt.

Am Wochenende pausieren wir an einem kleinen, abgelegenen See, da wir unser Glück beim Fischen versuchen wollen. Scheinbar flüchten alle russischen Männer am Wochenende vor ihren Frauen und gehen gemeinsam fischen und campen. Wir sind also nicht die einzigen Camper am See. Am See haben sich rund 6 Gruppen Männer eingerichtet, die den ganzen Tag auf dem See fischen und am Abend natürlich festen.
Wir probieren natürlich unsere neu gekaufte Fischerrute aus. Zu festen gibt es dann aber nichts, da wir keinen Fisch gefangen haben. 

Jonas beim Fischen.

Big Five von Russland

Nach dem Vorbild der Afrikaner haben wir uns die Big Five von Russland zusammengestellt. Das sind 5 wilde Tiere, die typisch für Sibirien sind: Bär, Elch, Schneeleopard, Wolf, Adler.
An einem Abend beobachten wir völlig überrascht, wie zwei Elche den Fluss, an dem wir übernachten, durchqueren.
Greifvögel sieht man viele in dieser Gegend. Wir können sehen, wie sie im steilen Gelände einen Fuchs jagen. Später staunen wir nicht schlecht, als ein Adler mit mindestens 2 Meter Spannweite vor uns auf dem Weg bei einem toten Fohlen steht und zum Abflug ansetzt. Wir beobachten ihn, wie er durch die Lüfte fliegt. Unglaublich schön!
Zwei von fünf, an den anderen bleiben wir dran. Und sorry, es gibt keine scharfen Fotos, da wir beide Tiere überraschenderweise angetroffen haben.

Katu-Yarik und Teleskopsee

Vom Chutsky-Trakt machen wir einen Abstecher zum 150 km entfernten Teleskopsee. Die Offroad-Strecke führt durch wunderschöne Landschaften und wieder vorbei an gefrorenen Seen.
Von den Katu-Yarik-Serpentinen haben wir gelesen, dass es eine sehr schlechte und gefährliche Strasse ist. Doch von all unseren Offroad-Serpentinenstrassen, die wir bisher gefahren sind, waren die Katu-Yarik-Serpentinen die ungefährlichsten. 
Allerdings kommt man ohne Allrad nicht weit. Vom Hörensagen wissen wir, dass die 2WD’s mit dem Traktor hochgezogen werden.

Der Katu-Yarik-Pass, welcher zum Südufer des Teleskopsees führt.

Im Tal führt die Offroadpiste 60 km immer dem Fluss entlang Richtung Teleskopsee. Wir geniessen die Fahrt durch das fast unbewohnte Tal bei schönstem Wetter. Die Strasse endet am See in einer Sackgasse. Weiter geht es nur mit der Fähre, welche man vorbestellen müsste. 
Weil es keine Leute hat, wählen wir als Übernachtungsplatz den Strand direkt am Teleskopsee.
Am Abend kommt noch eine russische Reisegruppe, die unser Auto bestaunen und es nicht verstehen, dass wir keinen Wodka haben. Doch es ging nicht lange und einer der Reisegruppe holte seinen selbstgebrannten Samogon (wahrscheinlich ein Grappa), den wir dann im grossen Becher probieren durften. 
Wir nehmen denselben Weg wieder zurück, den wir gekommen sind. Auf dem Rückweg treffen wir auf Kerstin und Torben aus Deutschland, die mit dem LKW unterwegs sind. Bei Kaffee tauschen wir uns aus und dürfen noch ihren LKW besichtigen. Das lässt Jonas gleich träumen. 

Weitere Highlights am Chutsky-Trakt

Zurück auf dem Chutsky-Trakt geht es weiter Richtung mongolische Grenze. Auf dieser Strecke halten wir bei einem Geysir-See an. Man sieht im See Gas aufsteigen, das dann aber unter dem Wasserdeckel hängen bleibt. Der Geysir ist also nicht vergleichbar mit den isländischen Geysiren, aber trotzdem sehr schön anzusehen. Die Umgebung ist sehr märchenhaft. Wohl darum haben die Betreiber auch Schnitzereien einer Hexe und von Rotkäppchen aufgestellt.

Der Geysir-See.
Ein Bächlein beim Teleskopsee.

Weiter östlich wandern wir noch in einer marsähnlichen Landschaft. Die Farben Rot, Orange und Gelb dominieren das Gestein.

Der sogenannte Mars 1.
Und der sogenannte Mars 2.

Ein weiteres Highlight sind auch die Treffen mit vielen anderen Reisenden, die ähnlich unterwegs sind wie wir. Im Altai müssen alle der gleichen Strasse entlangfahren. Und je näher wir an die Grenze zur Mongolei kommen, desto häufiger kommen uns Gleichgesinnte entgegen. Neben deutschen Pärchen haben wir auch Schweizer und eine französische Familie in einem Landrover angetroffen. Man hält kurz an der Strasse und tauscht Erfahrungen, Geheimtipps und Kontaktdaten, bevor es wieder weiter geht.

Grenzübergang Mongolei

Da am Sonntag die Grenze geschlossen hat, wollen wir am Samstag Morgen noch in die Mongolei einreisen. Am Freitag machen wir daher einen gemütlichen Tag im letzten Dorf vor der Grenzzone, in der man nicht campieren darf, um am Samstag fit zu sein. Man weiss ja nie, wie die Überfahrt ins nächste Land abläuft, vielleicht werden unsere Nerven wieder während unmenschlichen Wartezeiten strapaziert. 
Am Samstag Morgen treffen wir wiedermal auf Schweizer. Steffi und Christoph kommen gerade aus der Mongolei und wir tauschen uns noch aus. Sie sagen uns, dass an der Grenze nichts los ist. Wir freuen uns, dass wir nicht lange warten müssen. 
45 Minuten später stehen wir am russischen Grenzposten und niemand steht an. Doch warum ist das Tor zu? 🤔
Wir finden heraus, dass ein lokaler Feiertag (Kinder- und Muttertag) ist. Jetzt wissen wir auch, warum nichts los ist. 😁
Weil man hier nicht campieren darf, müssen wir wieder 50 km zurückfahren und bis Montag warten, bis wir endlich in die Mongolei einreisen können.

Der verschlossene Grenzübergang zur Mongolei.

Moskau!

Die Fahrt auf der Autobahn in und durch die Stadt geht erstaunlich gut. Es ist ein Rechts- und Links-Überholen, aber Jonas gewöhnt sich schnell daran. Wie er immer sagt: Einfach mitmachen, dann geht das von alleine. 😁

Am Mittag in Moskau auf dem Camping nordöstlich der Stadt angekommen, wollen wir gleich eine SIM-Karte fürs Tablet besorgen. Der freundliche Herr an der Reception vom Camping, der sogar Deutsch sprechen konnte, hat uns erklärt, wie wir ins Zentrum kommen und wo es den nächsten MTS-Shop gibt. Das ist der grösste Mobilfunkanbieter in Russland und wir haben bei anderen Blogs gelesen, dass dieser Anbieter super sei. Also gehen wir los zur Trämlistation.

Die Trams fahren in Moskau in der Mitte der Strasse, warten muss man allerdings am Strassenrand auf dem Trottoir.  Sobald also das Tram anhält, müssen auch die Autos auf den zwei oder drei Spuren auf der Strasse neben dem Tram anhalten, so dass die ÖV-Benutzer ein- oder aussteigen können.
Im Tram befinden sich glücklicherweise drei russische Studentinnen, die gleich sehen, dass wir mit dem russischen ÖV-System überfordert sind. Sie sind gwunderig, was wir hier wollen, und haben uns dann erklärt, wie dies mit dem Bezahlen der Tickets funktioniert. Man löst das Ticket direkt bei der Tramfahrerin (wohl ein Frauenberuf) und es kostet 55 Rubel pro Person, egal wie lange man unterwegs ist. Dies gilt auch für die Metro.
Die erste Tramfahrt mit willkommener Sitzheizung im uralten Trämli überstanden, finden wir auch den MTS-Shop im Einkaufszentrum. Mit Googelübersetzer bekommen wir auch schnell, was wir wollen. Unlimitiertes Internet für einen Monat und das für weniger als 9 Franken. Super! Oder auch nicht. Dazu später mehr.

Den Bericht vom Zoll wollten wir noch auf die Homepage hochladen. Notebook braucht aber Strom dafür, Strom gibts im Starbucks um die Ecke. Kaffe bestellt, Tisch mit Strom gefunden, doch Jonas hat den Stromadapter nicht dabei. Zum Glück haben wir Kaffee, dann ist Melanie nicht so böse auf Jonas. 😜

Bei kaltem Wetter machen wir Sightseeing in Moskau.

Am zweiten Tag in Moskau machen wir eine Stadtführung von Freewalkingtour. Das sind Stadtführungen, die von freiwilligen Stadtbewohner durchgeführt werden und man abschliessend das bezahlt, was es einem wert war. Die Studentin Tatjana hat uns sehr viel über die verschiedenen historischen Gebäude erklärt und uns intressante und lustige Geschichten über Moskau erzählt. Dabei hat man gemerkt, wie stolz die Russen auf sich und ihre Vorfahren sind.
Hier nun auch für euch einige interessante Fakten:

  • Der rote Platz ist nicht rot. Die Russen haben den Platz ursprünglich “schön” genannt. Und das ist er auch. An diesem Platz befinden sich hauptsächlich von italienischen Architekten errichtete historische Gebäude: z.B. der Kreml (der rund 27 ha grosse Amtssitz der Regierung), die St. Basilus Kathedrale oder das Kaufhaus GUM . Das russische Wort “schön” klingt ähnlich wie das russische Wort “rot”. Dadurch ist der Name des roten Platzes entstanden. Heute sind wenigstens die Mauern des Kremls am roten Platz rot. Die Mauer besteht eigentlich aus weissem Kalkstein, wurde aber im Laufe der Geschichte rot angemalt.
  • Die Russen fürchteten im Weltkrieg um ihren Moskauer Kreml und alle anderen historischen Gebäude, da der Kreml auch aus der Luft recht gut erkennbar ist. Kurzerhand wurden die Gebäude angemalt und dekoriert und auf den grossen Plätzen mittels Teppich ein neues Strassennetz vorgetäuscht. Dadurch war das Moskauer Stadtzentrum nicht mehr wiedererkennbar und blieb von Bombenangriffen verschont.

Nach der Führung gehen wir, im Auftrag von Marina und Nils, ins Restaurant und bestellen Borschtsch. Wie sich herausstellte eine leckere Randensuppe. Danke für die kulinarische Weiterbildung.

Es ist leider nicht so Fotowetter, darum entscheiden wir uns nach einem Spaziergang durch die Stadt, dass wir fürs Znacht zum Camping gehen, um dann zur Abenddämmerung nochmals auf den Roten Platz zu gehen. Dies zahlt sich voll aus! Wir konnten wunderschöne Fotos der St.Basilus Kathedrale machen. Den Abend lassen wir unter einer Glaskuppel auf einem Hügel im Park ausklingen. Der Ausblick auf die beleuchtete Stadt mit dem roten Platz, dem Kreml und den Kathedralen ist einmalig und unvergesslich. Diese Stadt würden wir jederzeit wieder besuchen!

Die St. Basilus Kathedrale am Abend.

Am Sonntagnachmittag sind wir weiter Richtung Susdal gefahren. Auf der Autobahn, etwa eine Stunde ausserhalb von Moskau, hat Jonas einen Geistesblitz: “Scheisse! Ich hab deinen Rucksack auf den Dachträger geschmissen, um ihn in die Dachbox zu verräumen! Verräumt hab ich ihn aber nicht.” Er ist natürlich nicht mehr auf dem Dach! Dank Google befinden wir uns kurze Zeit später in einem riesigen Outdoorshop. Wir finden hier einige coole Sachen, aber beschränken uns auf einen neuen Rucksack und ein paar Handschuhe für Melanie. Melanie ist sehr begeistert von der ganzen Fischer-Bekleidung, die es hier gibt. So verzögert sich die Weiterfahrt um weitere 20 Minuten.

Wir haben im Allgemeinen noch nie so grosse Supermärkte wie in Russland gesehen! Es gibt von DVD’s über Bohrmaschinen und Autozubehör bis Wasserkocher alles und erst dann kommen die Lebensmittel. Leicht überfordert laufen wir jeweils eine Gestellreihe nach der anderen ab, bis wir unseren Einkaufszettel abgearbeitet haben.

Hier ein komplettes Regal nur Wodka! Nicht im Bild ist das gegenüberliegende Regal, das mit Import-Schnaps gefüllt ist.

Die Odyssee am russischen Zoll

Voller Zuversicht nach unseren guten Erfahrungen vom ersten russichen Zollübergang machten wir uns auf für den Grenzübergang von Lettland nach Russland.

12:40 Ankunft am Grenzübergang. Die LKW-Kollonne war riesig. Wir haben Glück und stehen weniger lang an.

12:50 All 100 Meter steht ein Toitoi. Das letzte Stück wird von Melanie getestet. Schon bessere Erfahrungen gemacht. Ob dieses letzte Toitoi wirklich eine gute Idee war?

13:00 Passkontrolle und Einlass in den lettischen Zollbereich. Wir bekommen eine Checkliste, durch welche Kontrollen wir durch müssen.

13:10 Personenkontrolle. Autokontrolle (die gründlichste bisher). Veterinär- und Lebensmittelkontrolle. Alles wird amtlich abgestempelt.

13:20 Abgabe der Checkliste. Aus der lettischen Zone können wir aber noch nicht reisen. Es staut wegen den Russen.

13:40 Wir warten noch immer auf den Einlass in die russische Zone.

13:45 Offenbar wurde auf der russischen Seite eine Spur mehr geöffnet, es rückt nun.

13:50 Drei Autos vor uns wird ein Wagen abgeschleppt, springt nicht mehr an, so kurz vor dem Ziel. Wir können dafür nun wieder eine Position nach vorne rücken.

14:15 Einlass in die russische Zone. Wir erhalten je zwei Personenformulare. Der Grenzbeamte wird nervös, da ein Helikopter von der lettischen Seite her auftaucht und über dem Grenzgebiet kreist.

14:20 Wir stellen uns in die mittlere Reihe.

14:25 Die rechte Reihe hat nur rund halb so viele Autos, wir wechseln in die rechte Reihe, bevor das nächste Auto in die russische Zone gelassen wird. 5 Autos vor uns, das sollte flott gehen.

14:35 Wir füllen das Personenformular aus. Natürlich zwei Mal, da die Russen immer ein Formular behalten und das zweite Formular muss man auf sich tragen und bei der Ausreise wieder abgeben.

14:40 Zwei Stunden stehen wir nun hier. Andere hatten drei Stunden insgesamt. Uns fehlt nur noch die Kontrolle auf der russischen Seite. Wir sind zuversichtlich, dass wir es ebenfalls in insgesamt ca. 3 Stunden schaffen.

14:45 Toilettengang am russischen Zoll. Die WC’s befinden sich in einem Gebäude und sind abartig. Wir wünschen uns die lettischen Toitois zurück.

14:50 Die Kälte schleicht sich langsam in unsere Körper.

15:30 Wir essen ein kaltes Plättli. Zettel beim Zoll weisen darauf hin, dass keine Milchprodukte, Fleisch und Kartoffeln eingeführt werden dürfen. Dann essen wir es halt vor dem Zoll.

16:30 Maloney Nr. 23 oder so (danke Tim). Langsam können wir uns beim Zuhören nicht mehr konzentrieren.

17:30 Ein warmer Tee wäre was…

18:00 …oder eine warme Suppe.

18:30 Es geht was, wir können drei Plätze vorrücken. Hat die Grenze eigentlich auch über Nacht offen?

19:00 Wie war das mit der Suppe? Darf man im Grenzbereich kochen?

19:30 Der Schoggivorrat, den wir von euch bekommen haben, um der Welt zu verschenken, geht langsam zuneige.

19:40 Wir dürfen unter das Dach fahren, wo alle Kontrollen stattfinden werden.

19:45 Personenkontrolle. Alles ok.

20:00 Einen Platz weiter, da wir die Personenkontrolle gemacht haben.

20:30 Nichts passiert. Wir fordern nun schon mal die Autoformulare auf Deutsch an. Gemäss unseren Erfahrungen dauert es einige Zeit, bis wir diese Formulare ausgefüllt haben. Zum Glück haben wir noch die “Vorlage” vom letzten Mal (haben ja die Formulare falsch ausgefüllt und da machte uns die Zollbeamtin eine Vorlage, welche wir mitgenommen haben).

21:00 Nichts passiert.

21:30 Schichtwechsel. Alle Computer werden runter gefahren.

21:45 Die neue Kontrolleurin trifft ein. Sie seufzt ab dem Anblick unseres Autos.

22:00 Computer sind wieder hochgefahren.

22:05 Die Arbeitsmoral der neuen Kontrolleurin gefällt uns, sie beginnt mit dem kompliziertesten Fall: Schweizer Camper.

22:10 Alles öffnen. Alles wird fotografiert. Der eine Sitzbank und die Lebensmittel interessiert die Kontrolleurin nicht. Wir haben schon Berichte gelesen, da mussten sie den gesamten Inhalt aus dem Auto räumen und ausbreiten. Wir hatten Glück, es wird alles relativ oberflächlich mit der Taschenlampe abgecheckt.

22:15 Weiteres Formular. Die Russen hinter uns helfen beim Ausfüllen, wir können nicht alles lesen.

22:20 Alle Angaben der Formulare werden in den Computer eingetippt.

22:30 Wir bekommen unsere Papiere und können die Grenzzone verlassen.

22:40 An der ersten Tankstelle lösen wir die Haftpflichtversicherung für das Auto.

22:45 Wir habens geschafft! Nach unglaublichen 10 Stunden warten. Jetzt wissen wir, wie sich ein Steuerbeamter nach einem Arbeitstag fühlt. 😜😘